Das Bildnis war bisher nur in Form einer Lithographie bekannt, die Liebermann 1922 in kleiner Auflage für die Arno Holz-Stiftung hatte drucken lassen. Die signierte Original-Zeichnung ließ Holz in eine bibliophile Ausgabe seiner Verssatire Die Blechschmiede (1917) einbinden. Dieses außerhalb der ursprünglichen Auflage gedruckte Autorenexemplar schenkte Holz im Januar 1922 seinem Mäzen Rudolf Janzen.
Der prachtvoll ausgestattete Band kann als ein repräsentatives Beispiel moderner Buchkunst der Zwischenkriegsjahre gelten: Handeinband aus Ganzleder mit blauen Intarsien und goldgeprägtem Rückentitel, Goldschnitt, Vorsätze aus Marmorpapier. Die Titelzeichnung – ein weiteres Porträt von Arno Holz – stammt von Rudolf Büttner, die Illustrationen im Inneren des Buches von Julius Diez.
Arno Holz ist vor allem als Gründerfigur des literarischen Naturalismus in Erinnerung geblieben. Um 1900 war er als Dramatiker wie Lyriker einflussreich, als sein Hauptwerk gilt der mehrfach überarbeitete Gedichtzyklus Phantasus (1898/99). Das dramatische Langgedicht Die Blechschmiede – eine Satire auf den zeitgenössischen Literaturbetrieb – erschien erstmals 1902 im Insel Verlag. Im Gegensatz zu Holz, dessen umfangreiches Schaffen bald in Vergessenheit geriet, zählt sein Porträtist Max Liebermann bis heute zu den wichtigsten Vertretern der Klassischen Moderne. Ihre Bekanntschaft dürfte bis in die 1890er Jahre zurückreichen. Vor dem Ersten Weltkrieg trug sich Holz mit dem Plan zu einem Drama, in dem Liebermann als literarische Figur auftreten sollte. Obschon sich der prominente Künstler mit dieser Idee nicht anfreunden konnte, scheint der Kontakt zu Holz nie ganz abgerissen zu sein. Sein Porträt kann auch als generöse Geste gegenüber Holz aufgefasst werden, der lebenslang mit finanziellen Nöten zu kämpfen hatte und sich mit Liebhaberausgaben seiner Werke über Wasser hielt.

Das einzigartige Buchobjekt mit Liebermanns Porträt ist eine gemeinsame Erwerbung der Sammlungsbereiche Bibliothek und Bilder & Objekte. Innerhalb der Kunstsammlungen des Marbacher Literaturarchivs, deren Schwerpunkt auf Bildnissen und Illustrationen zur deutschen Literatur- und Geistesgeschichte liegt, ergänzt das Porträt von Arno Holz die bereits vorhandenen Werke Liebermanns: ein Porträt des Verlegers Samuel Fischer in Öl (1916) sowie Zeichnungen der Schriftsteller Harry Graf Kessler (1916) und Thomas Mann (1925). Auch für die Marbacher Bibliothek stellt der Band mit dem fest eingearbeiteten Porträt ein in dieser Kombination ungewöhnliches und besonderes Exemplar dar.
Beitragsbild: Die Verssatire Die Blechschmiede von Arno Holz erschien 1917 als bibliophiler Prachtband in Ganzleder gebunden. Die Marbacher Neuerwerbung, das Handexemplar des Autors, enthält als signierte Original-Kreidezeichnung Max Liebermanns Porträt des Autors. Foto: DLA Marbach (Jens Tremmel).